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Liebesgedichte
Der Sommerfaden
Da fliegt, als wir im Felde gehen,
ein Sommerfaden über Land,
ein leicht und licht Gespinst der Feen,
und knüpft von mir zu dir ein Band.
Ich nehm ihn für ein günstig Zeichen,
ein Zeichen, wie die Lieb es braucht.
O Hoffnungen der Hoffnungsreichen,
aus Duft gewebt, von Luft zerhaucht!
Ludwig Uhland (1787
bis 1862)
Gute Lehre
Grad Herz, brich nicht,
lieb mich und sags nicht,
liebt du mich,
wie ich dich
bleibt die liebe beständiglich.
Schöne Rose, fall nicht ab,
bis ich komm und brech dich ab:
Wenn mich schon die Dornen stechen,
will ich doch die Ros abbrechen.
Wer die Rose will abbrechen,
muß nicht achten der Dornen stechen;
Rosendornen stechen sehr,
falsche Liebe noch viel mehr.
aus: Des Knaben
Wunderhorn, zsg. Arnim u. Brentano
Wenn die Sonne hoch und heiter
lächelt, wenn der Tag sich neigt,
Liebe bleibt die goldne Leiter,
drauf das Herz zum Himmel steigt;
ob der Jüngling sie empfinde,
den es zur Geliebten zieht,
ob die Mutter sie dem Kinde
sing als süßes Wiegenlied,
ob der Freund dem Freund sie spende,
den er fest im Arme hält,
ob der hohe Greis sie wende
auf den weiten Kreis der Welt,
ob der Heimat sie der Streiter
zolle, wenn er wund sich neigt:
Liebe bleibt die goldne Leiter,
drauf das Herz zum Himmel steigt.
Emanuel Geibel (1815
bis 1884)
Amors Pfeil
Amors Pfeil hat Widerspitzen,
wen er traf, der lass ihn sitzen
und erduld ein wenig Schmerz!
Wer geprüften Rat verachte
und ihn auszureißen trachtet,
der zerfleischet ganz sein Herz.
Gottfried August
Bürger (1747 bis 1794)
Neue Liebe
Herz, mein Herz, warum so fröhlich,
so voll Unruh und zerstreut,
als käm über Berge selig
schon die schöne Frühlingszeit?
Weil ein liebes Mädchen wieder
herzlich an dein Herz sich drückt,
schaust du fröhlich auf und nieder,
Erd und Himmel dich erquickt.
Und ich hab die Fenster offen,
Neu zieh in die Welt hinein
altes Bangen, altes Hoffen!
Frühling, Frühling soll es sein!
Still kann ich hier nicht mehr bleiben,
durch die Brust ein Singen irrt,
doch zu licht ists mir zum Schreiben,
und ich bin so froh verwirrt.
Also schlendr ich durch die Gasse,
Menschen gehen her und hin,
weiß nicht, was ich tu und lasse,
nur, daß ich so glücklich bin.
Joseph Freiherr von
Eichendorff (1788 bis 1857)
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